Data & Digital Immobilien

Virtual Real Estate im Trend – oder doch nicht?

03.03.2023
Noah Lüscher

Bloss der nächste Hype oder doch die Zukunft der Immobilienbranche? Virtual Real Estate hat seit dem Krypto Boom und dem Aufkommen des Metaverse für grosses Aufsehen in der Immobilienbranche gesorgt. Trotzdem schätzen Expertinnen und Spezialisten den Einfluss des Trends als noch nicht sehr relevant ein. Dies zeigen die Ergebnisse der letztjährigen Ausgabe der Digital Real Estate Umfrage von pom+. Nun wollen wir von Dr. Joachim Baldegger, Head of Service Unit Future Lab, wissen, wie er die Lage einschätzt und ob die Thematik noch lange für First-Mover und absolute Pioniere reserviert bleibt.  

Virtuelle Ausstellungen und Avatare im Metaverse statt Kaffee im Büro und Schlange stehen zur Besichtigung der Mietwohnung – virtuelle Immobilien haben viele Immobilieninvestor:innen vor allem seit der Corona-Pandemie und mit der steigenden Popularität des hybriden Arbeitens zum Nachdenken gebracht. Vor allem auch die jüngere Generation ist ein starker Treiber dieser digitalen Welle. Jedoch konnten sich bisher erst wenige, bzw. fast keine dieser neuen Businessmodelle als profitabel etablieren. Der Hype um «Virtual Real Estate» ist noch immer mit hohen Investitionsrisiken verbunden. Immerhin sind die Grundstückpreise für virtuellen Boden auf allen Blockchain-Plattformen und auch die Anzahl Besucher:innen im Metaverse drastisch gesunken. 

Nach der anfänglichen Euphorie stellt sich dennoch die Frage: Hat das Metaverse das Potenzial, Veränderungen in der physischen Welt zu bewirken und stehen wir vielleicht schon kurz vor dem nächsten Schritt in der digitalen Transformation? Die im Jahr 2022 durchgeführte Umfrage unter 200 Führungs- und Fachkräften aus der Bau- und Immobilienwirtschaft ergibt, dass der Einfluss von Virtual Real Estate noch sehr gering ist und der Trend noch in der Entwicklungsphase steckt. Insbesondere die Einschätzungen zum Einfluss auf die eigene Tätigkeit bleibt über alle Rollen hinweg verhalten. Es bleibt abzuwarten, wie die Bau- und Immobilienbranche Zeit diese neuen Technologien und Businessmodelle rentabel in den Geschäftsalltag einbauen will. 

Einschätzungen des Experten

  • Diese Ergebnisse erstaunen nicht. Sie zeigen den aktuell eher tiefen Wissensstand in der Branche und reflektiveren fehlende Anwendungsfälle und Erfolgsmodelle in der Immobilienwirtschaft. Für viele Unternehmungen und Expert:innen ist es nach wie vor unklar, was das Metaverse für einen Einfluss auf das eigene Businessmodelle haben könnte oder ob sich damit sogar neue Wertschöpfungsketten entwickeln lassen.  
     
  • Aufgrund des Krypto-Booms der letzten Jahre, getrieben durch risikofreudige und sehr spekulative Anlegerinnen und Investoren, hat sich Virtual Real Estate zum Hype hochstilisiert. Erst mit der Umbenennung von Facebook in «Meta» wurde das Metaverse einem breiten Publikum einen Begriff und machte dann vor allem durch spektakuläre Bodenpreise in Millionenhöhe von sich reden. Durch die hohen erzielbaren Renditen mittels Handels von Parzellen im Metaverse wurde das Interesse von Immobilieninvestor:innen zur Diversifikation des Portfolios geweckt. Die Parzellen können gehandelt, gehalten und vermietet werden. 
     
  • Auch die Corona-Pandemie kann als Treiber angesehen werden, da diese nicht nur auf den physischen Arbeitsplatz einen Einfluss hatte, sondern insbesondere auch auf den Detailhandel. Durch die immer grössere Beliebtheit des online Shoppings, können Detailhändler das digitale Einkaufserlebnis pushen. Mit der Vermietung von Flächen für den Einkauf oder das Marketing von Brands, können Investor:innen wiederum Renditen generieren. 
     
  • Da das Metaverse noch in den Kinderschuhen steckt und am Beginn seiner Entwicklung steht, sind sich viele Marktteilnehmer und Expert:innen noch uneinig, ob das Metaverse ein reiner Spekulationshype mit hohem Risiko ist oder ob ein Nutzen für die Unternehmen in der Immobilienbranche generiert werden kann. Zurzeit gibt es fast keine anwendbare und profitable Businessmodelle für Immobilienunternehmen und da viele Unternehmen noch am Anfang oder inmitten der digitalen Transformation stehen, werden fast keine bis keine Ressourcen dafür aufgewendet. Auch bleibt das Metaverse stark abhängig von seiner Popularität, und die ist über die letzten Monate stark rückläufig.  
     
  • Spannend bleiben die Möglichkeiten von Virtual Real Estate daher vor allem für den Arbeitsplatz. Das hybride Arbeiten ist für viele Mitarbeitenden ein wichtiger Beurteilungspunkt für die Attraktivität eines Arbeitgebers, vor allem für jüngerer Generationen. Das Metaverse erlaubt einen Austausch und eine stete Zusammenarbeit, die mit den heute vorherrschenden digitalen Kollaborationsformen wie Zoom oder MS Teams nicht umgesetzt werden können. Es ist also denkbar, dass sich der Arbeitsplatz oder Teile davon mittelfristig ins Metaverse verschieben, gerade bei international tätigen Unternehmen. Schulungen oder Weiterbildungen können zum Beispiel im virtuellen Raum abgehalten werden oder Meetings werden «phygital». 
     
  • Insgesamt ist der Einfluss auf die Unternehmen und die Branche aber weiterhin schwierig abzuschätzen. Zudem wird die physische Immobilie weiterhin ein zentrales Gut bleiben. Grosse Konzerne wie Meta investieren jedoch bereits viele Ressourcen in die Entwicklung und den Ausbau des (ihres) Metaverse. Insofern ist davon auszugehen, dass sich ein Einfluss auf unser privates Leben und den Arbeitsplatz bemerkbar machen wird. Es dürfte schwierig sein, diese technologische Entwicklung zu ignorieren. Als Immobilienunternehmen empfiehlt es sich, die weiteren Entwicklungen abzuwarten und sobald es profitable und umsetzbare Businessmodell gibt, diese abzuwägen. Bis dies so weit ist, ist es wichtig, eine digitale Grundlage des Geschäftsbetriebs und eine strukturierte Datenbasis aufzubauen, um eine reibungslose Implementierung und Verknüpfung zum Metaverse zu ermöglichen. 

Über die Studie 

Die Digital Real Estate Umfrage erhebt seit 2016 jährlich den Stand der digitalen Transformation der Bau- und Immobilienwirtschaft in der Schweiz und seit 2019 auch für Deutschland. Das Whitepaper präsentiert die Ist-Situation in den beiden Ländern basierend auf den Einschätzungen von verschiedenen Führungs- und Fachkräften aus der Branche und wird durch das Expertenwissen von Beraterinnern und Berater der pom+Consulting AG ergänzt. 

Die Studie kann kostenlos heruntergeladen werden. 

Download Studie 


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